Freitag, 28. Dezember 2012

Im Kopf eines Autoren

Sie sitzen allein an ihrem Schreibtisch, umgeben von vielen Menschen im Coffeeshop um die Ecke, im Zug und in der Straßenbahn. Sie tragen keine Geschäftskleidung sondern T-shirts und Jeans und statt Geschäftstelefonate zu führen, hören sie über ihre Kopfhörer nur Musik. Oder blocken nur den Lärm um sich herum aus.

Sie haben einen Laptop bei sich oder ein Netbook, manchmal auch ein Tablet. Sie haben immer mindestens einen Stift und Papier in der Tasche und wenn sie in ihre Arbeit vertieft sind muss man sie zweimal ansprechen und ihnen auf die Schulter tippen, damit sie einen überhaupt bemerken.
Wenn sie dann den Kopf heben und einen ansehen, hat man für einen kurzen Moment das Gefühl, sie müssten erst ihren Weg aus einer anderen Welt zurückfinden, ehe sie zu einer normalen Unterhaltung fähig sind.

Sie sprechen von Personen, von denen man noch nie etwas gehört hat und Orten, die nur in ihrem Kopf existieren und ihnen manchmal offenbar realer vorkommen als der Boden unter ihren Füßen.

Das, kurz gesagt, sind Autoren. Schreiberlinge. Wortschmiede. Satzakrobaten. Buchstabenkünstler.

Nicht jeder versteht sie, nicht jeder versucht es auch nur, aber letzten Endes kommt man trotzdem immer mit ihnen und ihren Werken in Berührung. Bücher und Autoren begegnen uns an jeder Straßenecke, an jedem Ort.

Autoren leben in verschiedenen Welten, mit einem Fuß in der Realität und mit dem Kopf in den Wolken.
Ein Mitmensch macht eine beiläufige Bemerkung, man hört zufällig den Fetzen eines Gesprächs von Fremden in der U-Bahn. Ein Foto, ein Musikstück, ein Gemälde, ein Film, ein Ton. Eine Pflanze, ein Lufthauch, ein Bild in den Wolken, selbst ein Fussel ist Inspiration in ihrer reinsten Form.

Eine Idee formt sich.
Eine Szene, so real, dass man an der grünen Fußgängerampel stehenbleiben muss, um in seinem eigenen Kopf einen Film zu sehen. Charaktere erscheinen aus dem Nichts, reden, streiten, lachen und weinen, lieben und hassen, sind stur und sensibel, arrogant und offenherzig. Faszinieren.

Man sucht nach einer Verbindung. Warum diese Personen? Warum an diesem Ort? Wohin führt die Reise? Was ist passiert, was wird passieren, was geschieht gerade?

Eine Geschichte entsteht.

Ein Stift rast über das Papier, Finger fliegen über die Tasten, Wörter bilden sich, werden auf eine Art zusammengesetzt, wie niemand zuvor es getan hat oder je wieder tun wird.

Die Umgebung wird ausgeblendet, Geräusche reduziert, Menschen ignoriert. Die Realität kann warten.

Das sind Autoren, die Menschen im Coffeeshop, die im Bus oder Zug neben einem sitzen und doch meilenweit entfernt zu sein scheinen.

Kauf ihnen einen Kaffee oder - besser noch - lass sie in Ruhe wenn sie so vertieft sind. Störe nicht und warte lieber, bis sie von selbst wieder in diese Welt zurückkommen und bereit sind, wieder sie selbst zu sein.

Und wenn du Glück hast, dann erzählen sie dir ihre Geschichte.

2 Kommentare:

  1. Schön ...

    ...und vor allem so wahr!


    Danke und viele liebe Grüße

    Bernar

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  2. Isi, mal wieder die richtigen Worte ;9 happy New Year ;)

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