Sonntag, 28. April 2013

Das Warten auf die Worte

Jeder Autor kennt dieses Problem. Warten. Warten auf Worte, die tief im Kopf vergraben sind, langsam an die Oberfläche steigen und sofort wieder verschwinden, ehe man sie auf Papier oder den Bildschirm bannen kann.

Im Laufe der letzten Woche ist in meinem Kopf eine Idee entstanden. Ein neuer Ort, neue Charaktere, neue Geschehnisse und Schicksale. Freud und Leid und alltägliches Chaos und die pure Leichtigkeit des Seins.

Gestern dann machte es plötzlich 'Klick'.
Ganz leise, kaum zu spüren. Die Ideen fügten sich zusammen, die Handlungsfäden wurden klarer, die Geschichte so offensichtlich, als hätte ich sie schon die ganze Zeit sehen müssen. Als wäre sie schon immer da gewesen. Als hätte ich sie längst gelesen.

Bei neuen Ideen, bei diesem Fluss an Inspiration, erwartet man eigentlich, sofort drauflos schreiben zu können, doch bei mir kommt davor immer erst die Ruhe. Die absolute Stille, während die Idee in meinem Kopf in Endlosschleife läuft wie ein alter Schwarz-Weiß-Film.

Ich sitze da und warte auf die Worte, die einfach nicht kommen wollen, bin rastlos und ruhelos. Keine Konzentration, meine Aufmerksamkeit wandert von einem Buch zu Solitaire, zu einer Fanfiction, zu Sudokus, zu Facebook, zurück zu Solitaire, zu Google Bilder und wieder Sudokus. Aufstehen, herumlaufen, in den Kühlschrank gucken als wären die Worte darin versteckt. Ich habe Hunger, weiß aber nicht worauf, und suche das ganze Haus nach der einen Sache ab, die man in keinem Supermarkt findet.

Kehre aufs Sofa zurück, zu meinem Laptop. Starre auf den Bildschirm. Öffne ein neues WordPad-Dokument. Ich schreibe immer mit WordPad, weil da kein ablenkender Schnickschnack dabei ist. Nicht einmal Seitenumbrüche.

Ich warte, suche nach den Worten die in meinem Kopf herumwirbeln und sich nicht fangen lassen, die mir so klar vor Augen stehen, als hätte ich sie schon aufgeschrieben, und die sofort verschwinden, sobald ich die Finger auf die Tastatur lege.

Ich höre Musik, vertreibe mir die Zeit mit sinnlosen Spielen, verabscheue die Rastlosigkeit und das kalte Wetter, das mich am Inline Skaten hindert. Bewegung macht den Kopf frei. Der Wind im Gesicht, Musik in den Ohren, Sonne auf der Haut - die Gedanken werden klarer.

Kein Skaten heute, keine Bewegung, ich warte auf den frischen Wind, der die Worte freilegt. Ich hasse diesen Zustand, hasse die Anspannung und das Warten und die Rastlosigkeit. Und ich liebe es. Ich spüre die Freude, bevor sie da ist; warte auf den Moment, in dem der Damm bricht.

Wenn der Damm bricht, fließen die Worte.

Charaktere atmen, fiktives Gras neigt sich im Wind, erfundenes Eis schmilzt in der Sonne.
Die Geschichte lebt.

Und ich schreibe wieder.

4 Kommentare:

  1. Hach, Isi.

    Einfach schön in Worte gefasst und so wahr.

    "Zwei Daum'n,
    gedrückt und
    zwei große
    Zeh'n dazu."

    Was soll da noch schiefgehen, hm?


    Schreib'!


    Ganz liebe Grüße (und ein Dammbruch)

    Bernar


    PS.: Und ich sehe mal keinen Regen, oder? (die Klammer gilt nicht)

    * rofl *

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    1. Bernar, als was würdest du einen Dammbruch dann bezeichnen...? ;-)

      Danke!

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    2. Och Menno,

      die Klammer galt doch nicht. ;)

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  2. Oh Mann.... absolut. -.- Na ja, wir haben uns ja gestern erst drüber unterhalten. Ich bin immer noch nicht weiter gekommen mit meiner Story. Du hast das so exakt auf den Punkt gebracht, wie ich mich grade fühle. Sehr sehr sehr schön geschrieben!

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